Sehr geehr­ter Herr Staats­mi­nis­ter Blume,
Sehr geehr­ter Herrn Regie­rungs­di­rek­tor Prof. Dr. Dani­el Krausnick,

bezug­neh­mend auf Ihr Schrei­ben SHR-H1112.0/10 vom 15.06.2022 erhal­ten Sie unten­ste­hend die Stel­lung­nah­me der Landes-ASten-Konfe­­renz (LAK) Bayern zum Entwurf der Ausfüh­rungs­ver­ord­nung zum Baye­ri­schen Hoch­schul­in­no­va­ti­ons­ge­setz (AVBay­HIG).
Wir möch­ten uns zunächst für die Möglich­keit bedan­ken, bei der Verbän­de­an­hö­rung mitzu­wir­ken. Die Lehr­ver­pflich­tungs­ver­ord­nung (LUFV) ist drin­gend reform­be­dürf­tig. Hier­zu hat die LAK Bayern in der Vergan­gen­heit gemein­sam mit dem Landes­ver­band wissen­schaft­li­ches Perso­nal in Bayern (LWB) ihre “Visi­on einer baye­ri­schen Hoch­schul­land­schaft 4.0” veröf­fent­licht, in welcher das Bild einer trans­pa­ren­ten, glaub­wür­di­gen und zukunfts­ge­rich­te­ten Hoch­schu­le gezeich­net und konkre­te Vorschlä­ge sowie Forde­run­gen in den Diskurs einge­bracht wurde. Im Beson­de­ren wurde darauf hinge­wie­sen, dass die grund­le­gen­de Über­ar­bei­tung der LUFV unum­gäng­lich ist. Insbe­son­de­re die Chan­cen der Digi­ta­li­sie­rung haben hier viel zu wenig Anklang erhal­ten. Hier sind flexi­ble Rege­lun­gen notwen­dig, um auch teil- und voll­di­gi­ta­li­sier­te Lehr­for­ma­te adäquat berück­sich­ti­gen zu können. Im Nach­fol­gen­den möch­ten wir auf die einzel­nen Teile des Gesamt­ehr­de­pu­tats und der Lehr­ver­pflich­tung einge­hen. Zu dem Promo­ti­ons­recht für Hoch­schu­len halten wir uns weitest­ge­hend zurück. Zudem werden wir einen für die baye­ri­sche Hoch­schul­land­schaft essen­zi­el­len Punkt in der Finan­zie­rung der Hoch­schu­len als neuen Teil Studi­en­zu­schüs­se anfügen.

Teil 1: Lehr­ver­pflich­tung, Gesamtlehrdeputat

Teil 1 der AV BayHIG bildet die Grund­la­ge für die Lehre an baye­ri­schen Hoch­schu­len und ersetzt die bisher gülti­ge LUFV. Das Ziel dieser Verord­nung ist eine ange­mes­se­ne Verrech­nung von Lehre als Dienst­pflicht. Dabei werden die Lehr­ver­pflich­tun­gen ausführ­lich nach dem jewei­li­gen Hoch­schul­ty­pen diffe­ren­ziert. Die Kern­auf­ga­ben der Hoch­schu­len und Univer­si­tä­ten werden damit präzi­siert und bilden somit die Grund­la­ge der zukünf­ti­gen Ausrich­tung der baye­ri­schen Hoch­schul­land­schaft. Auch wird zwischen den unter­schied­li­chen Anstel­lungs­ver­hält­nis­sen der Lehren­den unter­schie­den. Das ist nur natür­lich, da sich dadurch auch die Dienst­pflich­ten ändern. Aller­dings wollen wir an dieser Stel­le noch einmal die weite Möglich­keit für Forschungs­pro­fes­su­ren ohne jegli­ches Lehr­de­pu­tat stark kriti­sie­ren (Art. 59 Absatz 1 Satz 7 BayHIG). Nur mit einer Einheit von Forschung und Lehre kann sicher­ge­stellt werden, dass die Hoch­schu­len ihrem Auftrag zur Förde­rung des wissen­schaft­li­chen Nach­wuch­ses und des Wissens­trans­fers in die Gesell­schaft nach­kom­men. Andern­falls besteht in der Tätig­keit der Professor*innen kein Unter­schied zu den Mitar­bei­ten­den in Forschungs­in­sti­tu­ten. Auch die notwen­di­ge Befris­tung der Forschungs­pro­fes­su­ren bringt hier­bei keine Erleich­te­rung, da weder gere­gelt ist, wie oft sich diese Befris­tun­gen anein­an­der­rei­hen dürfen, noch, wie lang eine Befris­tung sein kann. Es darf nicht passie­ren, dass Forschen­de ohne Lehre ihren Erkennt­nis­ge­winn nicht an die Studie­ren­den weiter­ge­ben und Lehren­de ohne Forschung ihre Lehr­in­hal­te wegen fehlen­dem Erkennt­nis­ge­winn nicht inhalt­lich verbes­sern können. Eine solche dauer­haf­te Befrei­ung lehnen wir nach dem Humboldt’schen Bildungs­ide­al als nicht dem Wesen der Hoch­schu­len entspre­chend ab.

Das Gesamt­lehr­de­pu­tat dage­gen ist ein wich­ti­ger Punkt bei der Weiter­ent­wick­lung von  Lehre an den baye­ri­schen Hoch­schu­len. Durch diese Flexi­bi­li­sie­rung werden die Hoch­schu­len nicht nur in ihrer Lehr­au­to­no­mie gestärkt, sondern es wird auch ein Umfeld für die Ausar­bei­tung und Aner­ken­nung von Inno­va­tio­nen in der Lehre geschaf­fen. In Zukunft können die Hoch­schu­len eigen­ver­ant­wort­lich entschei­den, wie sie ihr globa­les Lehr­de­pu­tat vertei­len. Diese neue Flexi­bi­li­tät schafft Frei­räu­me, um Dozie­ren­de, die vorüber­ge­hend beson­de­re Aufga­ben erfül­len, zeit­lich zu entlas­ten. Dies setzt selbst­ver­ständ­lich auch Perso­nen voraus, die tempo­rär eine erhöh­te Lehr­ver­pflich­tung über­neh­men. Im Sinne des Soli­dar­prin­zips muss dabei sicher­ge­stellt werden, dass diese Frei­heit allen  Hoch­schul­mit­glie­dern offen­steht und nicht zu einer einsei­ti­gen Entlas­tung einzel­ner miss­braucht wird. Eine etwa­ige Ungleich­heit zwischen den einzel­nen Status­grup­pen wird durch die Einschrän­kung, dass Depu­tats­um­ver­tei­lun­gen nur inner­halb einer Status­grup­pe erlaubt sind, ausge­schlos­sen. Daher begrü­ßen wir die Rege­lung in §2 (4) 1. ausdrück­lich, dass profes­so­ra­le Lehre nur durch Professor*innen ausge­gli­chen werden kann. Auch hier möch­ten wir aber noch einmal darauf hinwei­sen, dass diese flexi­ble Zutei­lung der Lehr­de­pu­ta­te nicht dazu miss­braucht werden darf, einzel­ne Dozie­ren­de dauer­haft von ihrer  Lehr­ver­pflich­tung frei­zu­stel­len. Auch soll­te die Formu­lie­rung zur Befrei­ung von Lehr­ver­pflich­tun­gen bei der Wahr­neh­mung von Aufga­ben im öffent­li­chen Inter­es­se hinsicht­lich der Dauer und der Natur der Aufga­ben enger gefasst werden.

Ein weite­rer Vorteil eines Gesamt­lehr­de­pu­tats ist die flexi­ble Ausge­stal­tung einer Lehr­ver­an­stal­tung. Die Verord­nung soll es ermög­li­chen, auch digi­ta­le Lehr­an­ge­bo­te zu konzi­pie­ren und den Studie­ren­den bereit­zu­stel­len. Gene­rell ist die Konzep­ti­on einer Veran­stal­tung deut­lich aufwen­di­ger als die anschlie­ßen­de quali­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Erhal­tung der Veran­stal­tung. Teil­wei­se, weil sich grund­le­gen­de Inhal­te nicht ändern, teil­wei­se, weil der Haupt­auf­wand in dem Aufbau der Infra­struk­tur steckt und diese dann einmal geschaf­fen wurde. Für eine solche Ausge­stal­tung ist es ange­bracht, dass Lehr­per­so­nen auch ihr eige­nes Lehr­de­pu­tat über einen fest­ge­leg­ten Zeit­punkt flexi­bel eintei­len können. Nur so können unter­schied­li­che Ausschlä­ge sinn­voll einge­fan­gen werden. Elemen­tar ist, dass auch mit der digi­ta­len Bereit­stel­lung von Inhal­ten eine Betreu­ung durch die Lehr­per­son während dem Semes­ter uner­läss­lich ist. Die entspre­chen­de Klar­stel­lung begrü­ßen wir in der Verord­nung ausdrück­lich (AVBay­HIG §9). In der LUFV wurde noch im Detail gere­gelt, welche Art von Veran­stal­tung wie abge­rech­net werden konn­te. Dass dies bei digi­ta­len Konzep­ten nicht sinn­voll ist und eine Flexi­bi­li­sie­rung den Lehren­den auch mehr Entfal­tungs­frei­heit gibt, wurde nun  hinrei­chend begrün­det. Aller­dings gibt es auch Veran­stal­tungs­ty­pen, die einheit­lich gere­gelt sein müssen. Dazu zählt gera­de die Betreu­ung von Abschluss­ar­bei­ten in den einzel­nen Studi­en­fä­chern. Denn diese sollen bayern­weit und auch euro­pa­weit vergleich­bar blei­ben. Die Flexi­bi­li­sie­rung dort ist also, wenn sie auch im Sinne der Verord­nung ist, nicht sinnvoll.

Teil 2: Promo­ti­ons­recht der Hoch­schu­len für ange­wand­te Wissenschaften

Hoch­schu­len für ange­wand­te Wissen­schaf­ten können vom Staats­mi­nis­te­ri­um ein fach­lich begrenz­tes Promo­ti­ons­recht verlie­hen bekom­men, welches auf höchs­tens 7 Jahre befris­tet ist. Aus unse­rer Sicht ist es hier von abso­lu­ter Notwen­dig­keit, die zuge­hö­ri­gen Krite­ri­en trans­pa­rent und zugäng­lich zu gestal­ten. Vor allem die Krite­ri­en, auf deren Basis die Länge einer Befris­tung fest­ge­legt wird, sind von hoher Bedeu­tung. Nur so kann eine Gleich­be­hand­lung der Hoch­schu­len für ange­wand­te Wissen­schaf­ten mit zeit­lich und fach­lich begrenz­tem Promo­ti­ons­recht gege­ben werden, sodass auch eine faire Wett­be­werbs­mög­lich­keit unter­ein­an­der entsteht.

Teil 3: Studienzuschüsse

Die Studi­en­zu­schüs­se sind elemen­tar wich­ti­ge Baustei­ne für die Verbes­se­rung der Studi­en­be­din­gun­gen an den baye­ri­schen Hoch­schu­len. Seit deren Einfüh­rung im Jahr 2013, mit einer pari­tä­ti­schen Mitge­stal­tung und Mitver­ant­wor­tung der Studie­ren­den, konn­te an den baye­ri­schen Hoch­schu­len sehr viel für die Campus­ge­stal­tung, Verbes­se­rung und Weiter­ent­wick­lung der Lehre, aber auch für die kultu­rel­le, musi­sche, sprach­li­che und sport­li­che Viel­falt der Hoch­schu­len (kultu­rel­le Veran­stal­tun­gen, Podi­ums­dis­kus­sio­nen, Spra­chen­zen­tren, Inter­na­tio­nal Offices, Hoch­schul­sport, etc.) getan werden. Eine Weiter­füh­rung dieser Mittel und eine expli­zi­te Veran­ke­rung im BayHIG würde der Bedeu­tung der Studi­en­zu­schüs­se und der damit einher­ge­hen­den nach­hal­ti­gen Finan­zie­rungs­struk­tur von Maßnah­men zur Verbes­se­rung von Studi­en­be­din­gun­gen gerecht werden. Die LAK Bayern ist enttäuscht, dass die Studi­en­zu­schüs­se weder in das BayHIG noch in die AVBay­HIG aufge­nom­men wurden.

Des Weite­ren ist es drin­gend gebo­ten, die Berech­nungs­grund­la­ge der Zuwei­sun­gen zu dyna­mi­sie­ren. Einmal ange­setz­te Perso­nal­stel­len benö­ti­gen immer größe­re Teile der aktu­ell star­ren Studi­en­zu­schüs­se. Auch haben sich die Studie­ren­den­zah­len an vielen Hoch­schu­len seit der Einfüh­rung der Studi­en­zu­schüs­se dras­tisch verän­dert und der Betrag der Zuschüs­se wird somit seinem Bedarf nicht mehr gerecht. Daher schla­gen wir vor, den Betrag der Studi­en­zu­schüs­se sowohl an die Infla­ti­on (seit 2013 ca. 19%) und die Tarif­ent­wick­lun­gen als auch effek­tiv an die Studie­ren­den­zah­len (diese stieg seit 2013 bayern­weit um ca. 14%) der Hoch­schu­len zu koppeln. Außer­dem ist die Art der Verga­be, also die pari­tä­ti­sche Entschei­dung von Studie­ren­den und Nicht-Studie­­ren­­den in glei­cher Anzahl, ein sehr etablier­tes Verfah­ren, welches sehr gut von den Hoch­schu­len ange­nom­men und gelebt wird. Diese Praxis muss auch in Zukunft aufrecht­erhal­ten werden.

 

Abschlie­ßend möch­ten wir noch darauf hinwei­sen, dass die geschlech­ter­ge­rech­te Schreib­wei­se in §11 (2) Satz 1, 3 und 4 nicht konse­quent umge­setzt wurde.


Stel­lung­nah­me

Landes-ASten-Konfe­renz Bayern
c/o Studie­ren­den­ver­tre­tung der LMU
Leopold­stra­ße 15
80802 München