Die LAK Bayern hat im Dezember 2020 zusammen mit dem Landesverband Wissenschaftler in Bayern die „Vision einer bayerischen Hochschullandschaft 4.0“ beschlossen und darin mehrere Vorschläge zur internen Governance unterbreitet. Diese wurden nun anhand der Artikel 19 bis 41 des Bayerischen Hochschulgesetzes ausgearbeitet und sollen dazu dienen, im weiteren Diskurs der Reform die studentische Sichtweise darzulegen.
Die demokratische Ausgestaltung der akademischen Selbstverwaltung ist nicht nur ein notwendiges Gut, sondern zentraler Wesenskern aller Hochschulen. Mitbestimmung und Diskussion gehören zur DNA der bayerischen „Universitas“. Die Reform des bayerischen Hochschulgesetzes soll diese bewährte Tradition zwar beibehalten, aber auch an die Anforderungen unserer Zeit anpassen. Ziel ist es, Redundanzen abzubauen, Prozesse zu beschleunigen und Gremien effizienter zu gestalten. Die LAK Bayern unterstützt dieses Ziel grundsätzlich, warnt jedoch eindringlich vor einer Entdemokratisierung und Marginalisierung von demokratischen Minderheiten, speziell den Studierenden und dem Mittelbau. Unerlässlich sind daher verbindliche Leitplanken zur internen Governance, innerhalb derer sich die Hochschulen frei bewegen können. Die LAK Bayern stellt diese Leitplanken mit einem eigenen, ganzheitlichen Vorschlag zur internen Governance auf.
Für den angemessenen Einfluss der „Träger der Wissenschaftsfreiheit“ sind die Hochschullehrenden in Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für Forschung und Lehre mehrheitlich zu beteiligen. Eine etwaige Deregulierung des Senats oder anderer Gremien darf jedoch keinesfalls zu einer Flexibilisierung der professoralen Mehrheit „nach oben“ führen. Es ist daher essenzielle Aufgabe des Gesetzgebers, für den Senat sowie alle weiteren Gremien, in denen VertreterInnen von Mitgliedergruppen sich Fragen der Wissenschaftsfreiheit widmen, die derzeitige feste Mehrheit von einem Sitz der Hochschullehrenden beizubehalten und diese nicht weiter auf Kosten des Einflusses aller anderen Statusgruppen auszubauen. Denn Mitbestimmung und Diskussion im akademischen Prozess geschieht auf Augenhöhe und nicht auf vorgehaltenen Treppenstufen.
Ein weiterer wesentlicher Grundsatz bei der Beteiligung der Studierenden in den Hochschulgremien ist das „Vier-Schultern-Prinzip“. Das aktuelle Hochschulgesetz garantiert, dass Studierende mit mindestens zwei stimmberechtigten VertreterInnen beteiligt sind. Dies gilt für alle Gremien, wie Senat, Hochschulrat und Fakultätsrat, mit Ausnahme der Berufungsausschüsse. Dieses Prinzip stellt sicher, dass die Verantwortung von Entscheidungen in der akademischen Selbstverwaltung in einer Statusgruppe auf mehrere Personen verteilt wird. Dies ist gerade bei Studierenden besonders wichtig, da diese ehrenamtlich und ohne Angestelltenverhältnis in der akademischen Selbstverwaltung partizipieren. Außerdem sind die Studierenden im Vergleich zu allen anderen Statusgruppen am kürzesten an den Hochschulen tätig, sodass ihre VertreterInnen in den Gremien regelmäßig wechseln. Dies führt zu einem erhöhten Einarbeitungsaufwand, der durch die konsequente Einbeziehung von zwei VertreterInnen abgemildert werden kann. Zur Stärkung der studentischen Mitsprache ist es daher essenziell, dass der Gesetzgeber die Beteiligung in den Gremien durch ein Vier-Schultern-Prinzip für Studierende besonders schützt.
Der Hochschulrat übt die Aufsicht über die Geschäftsführung der Hochschulleitung aus. Diese Kernaufgabe muss auch zukünftig im Gesetz verbindlich festgeschrieben werden. Eine Erweiterung der Kompetenzen lehnen wir ab, vielmehr müssen Profil und Aufgaben des Hochschulrats geschärft und präzisiert werden. Bei der Zusammensetzung ist darauf zu achten, dass im neuen Hochschulgesetz ein Entfallen ganzer Statusgruppen im Hochschulrat vermieden wird. Es ist daher geboten, den Hochschulrat wie bisher paritätisch mit allen Mitgliedern des Senats und einer gleichen Anzahl von nichthochschulangehörigen Mitgliedern zu besetzen. Während wir die Einbeziehung von externem Sachverstand grundsätzlich begrüßen, so kritisieren wir die Einschränkung des Personenkreises auf die Bereiche Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft und berufliche Praxis als zu eng gefasst. Hochschulen haben eine besondere Verantwortung für die Gesellschaft als Ganzes und müssen als solche auch Persönlichkeiten aus der Gesellschaft in den Hochschulrat einbeziehen. Eine solche Erweiterung wäre nicht zuletzt auch eine Unterstreichung des Transferansatzes im Hochschulgesetz.
Im Rahmen der Hochschulreform ist die Freigabe der internen Governance durch entsprechende Deregulierung des Gesetzes geplant. Anstelle der bisherigen gesetzlichen Vorgaben tritt die zu erarbeitende Organisationssatzung der Hochschulen. Aus Sicht der LAK Bayern ist es absolut notwendig, dass der Beschluss der Organisationssatzung von allen hochschulinternen Statusgruppen gleichermaßen getragen und verantwortet werden muss. Eine alleinige Befassung im Hochschulrat, wie es das Eckpunktepapier des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst vorsieht, wird dem nicht gerecht. Wir fordern daher einen paritätisch besetzten Hochschulkonvent, welcher vom Hochschulrat einberufen wird, um Änderungen zur Organisationssatzung zu beschließen. Der Hochschulkonvent setzt sich zu gleichen Teilen aus VertreterInnen der Hochschullehrenden, des wissenschaftlichen und wissenschaftsunterstützenden Mittelbaus und der Studierenden zusammen. Beschlüsse zur Einrichtung und Änderung von Organisationssatzungen sollen einer Zweidrittelmehrheit bedürfen. So wird sichergestellt, dass die in diesem Gremium erarbeitete Organisationsstruktur in die strukturelle Verantwortung der Hochschulfamilie fällt und sie von einer breiten Mehrheit derjenigen Hochschulmitglieder getragen wird, die diese Struktur letztlich mit Leben füllen.
Um den Gleichstellungsauftrag der Hochschulen zu erfüllen, ist die Rolle von Frauenbeauftragten im Kontext der Hochschulreform zu überdenken. Dieses Amt ist nach aktuellem Recht in Legislativorganen wie dem Senat oder Fakultätsrat verankert, um die Hochschule bei der Gleichstellung von Frauen und Männern zu unterstützen. Wir möchten anregen, das Amt im Sinne der Gleichstellung aller Geschlechter zu reformieren und Gleichstellungsbeauftragte als Teil der Hochschulleitung mit exekutiver Verantwortung auszustatten. So soll sichergestellt werden, dass Hochschulen das im Gesetz verankerte „Leitprinzip“ der Geschlechtergerechtigkeit tatsächlich auch als Aufgabe ihrer Leitungsgremien verstehen. Im Sinne der Eigenverantwortung soll es zudem den Hochschulen überlassen sein, Gleichstellungsbeauftragte genauso wie VizepräsidentInnen sowohl aus dem Kreis der Hochschullehrenden sowie aller anderen Statusgruppen zu berufen.
Als weiteres Leitprinzip sollen Hochschulen auf die Ziele „Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung“ verpflichtet werden. Damit diese Ziele nicht einfach als Präambel an den Anfang gesetzt werden, bedarf es der Schaffung von verbindlichen Strukturen in der Governance. Die LAK Bayern schlägt die Etablierung von Nachhaltigkeitsbeauftragten vor, die als stimmberechtigtes Mitglied an den Exekutiventscheidungen der Hochschulleitung im Sinne der neuen Querschnittsaufgabe beteiligt werden. Hierbei soll es der Hochschulleitung überlassen sein, den Geschäftsbereich einem bestehenden Mitglied zu übertragen oder neue Expertise hinzuzuholen. Die oder der Nachhaltigkeitsbeauftragte der Hochschulleitung soll die Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie sowie die Erstellung von regelmäßigen Nachhaltigkeitsberichten verantworten. Auf Wunsch soll hierzu ein Gremium zur Einbindung aller engagierten Stakeholder gebildet werden.
Demokratie lebt von Regeln. Nur wenn alle Beteiligten einer demokratischen Struktur an einheitliche Regeln gebunden sind, die auf eine gleichberechtigte und interessensausgleichende Partizipation ausgelegt sind, kann Demokratie auch auf Dauer funktionieren. Mit diesem Dokument appelliert die LAK Bayern an das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst sowie den Bayerischen Landtag, die Regeln der Demokratie an unseren Hochschulen weiter aufrechtzuhalten. Die Freigabe der internen Governance darf nicht mit der Freigabe der Demokratie einhergehen. Zur Entfaltung der Freiheit der Hochschulen bedarf es verbindlicher, schützender Leitplanken im Hochschulgesetz. Es ist daher Aufgabe des Gesetzgebers, Mindeststandards und gesetzliche Rahmenbedingungen für die bayerischen Hochschulen zu definieren.
Stellungnahme
Landes-ASten-Konferenz Bayern
c/o Studierendenvertretung der LMU
Leopoldstraße 15
80802 München