Sehr geehrter Herr MR Dr. Schmitt-Glaeser,
bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 19. Dezember 2018 (R.1–1112.0/4/4) möchten wir Ihnen hiermit die inhaltlichen Änderungsvorschläge der Landes-ASten-Konferenz Bayern zur geplanten Novellierung des Bayerischen Hochschulgesetzes übermitteln.
Wir freuen uns sehr, dass die Interessen der Studierenden Bayerns im Ministerium großes Gehör finden. Herr Staatsminister Sibler hat in seiner 100-Tage-Rede die Verankerung von mehr Mitspracherechten für Studierende in das Hochschulgesetz in den Fokus gerückt. Wir haben den Aufruf von Herrn Staatsminister zum Anlass genommen, uns innerhalb der LAK Bayern intensiv mit möglichen Realisierungsformen von studentischer Mitsprache auseinanderzusetzen. Wo diese zur Verwirklichung eine Anpassung oder Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes erfordern, finden Sie unsere Vorschläge in dieser Stellungnahme.
Wir würden uns freuen, wenn Sie unsere Vorschläge berücksichtigen.
Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Margaretha Erber, Sprecherin
Constantin Pittruff, Sprecher
Maximilian Frank, Sprecher
Änderungsvorschläge zur Hochschulrechtsnovelle
Die LAK Bayern spricht sich in Bezug auf das Ministerialschreiben R.1‑H1112.0/4/4 für die folgenden Änderungsvorschläge zur geplanten Hochschulrechtsnovelle (BayHSchG) aus:
LAK Bayern
1. Im Hochschulgesetz soll festgeschrieben werden, dass sich die Studierendenvertretungen bzw. Studierendenschaften der staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen Bayerns zu einer landesweiten Vertretung der Studierendenschaften zusammenschließen können.
2. Im Hochschulgesetz soll festgeschrieben werden, dass der Zusammenschluss der Studierendenvertretungen eine eigene Geschäftsordnung erlassen kann.
3. Im Hochschulgesetz soll festgeschrieben werden, dass der Zusammenschluss der Studierendenvertretungen bei hochschulpolitischen Gesetzesvorhaben angehört werden muss.
4. Im Hochschulgesetz soll festgeschrieben werden, dass der Zusammenschluss der Studierendenvertretungen mit finanziellen Mitteln des Staates gefördert wird.
Studentische Mitsprache I – Studierendenvertretung
5. Die Studierendenschaft, die aus allen immatrikulierten Studierenden einer Hochschule besteht, soll als Teilkörperschaft der Hochschule mit Rechtsfähigkeit ausgestattet werden.
6. Die Studierendenschaft soll die Möglichkeit erhalten, Beiträge von Studierenden der Hochschule zu erheben und diese selbstständig zu verwalten.
7. Die Studierendenschaft soll sich eine Satzung geben können, die u.a. folgende Aspekte regelt:
- die Zusammensetzung, Wahl, Einberufung, Befugnisse und Beschlussfassung der Organe
- die Amtszeit der Mitglieder der Organe und den Verlust der Mitgliedschaft
- die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans der Studierendenschaft, die Zuweisung von Finanzmitteln an die Fachschaften und die Rechnungslegung
8. Es soll geprüft werden, inwiefern Studierendenvertreter und ‑vertreterinnen als Nachteilsausgleich für ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten in der Selbstverwaltung ECTS-Kreditpunkte erlangen können, die im Abschlusszeugnis oder einem anderweitigen Hochschulzertifikat honoriert werden.
9. Entscheidungen über die Verwendung der Studienzuschüsse, die einem einstimmigen Votum der bei der Entscheidung beteiligten Studierenden entgegenstehen, sind zu begründen.
Studentische Mitsprache II – Leitungsgremien
10. Der Präsident oder die Präsidentin soll zur Wahl der weiteren Mitglieder der Hochschulleitung außer den der Hochschule angehörenden Professoren und Professorinnen auch ein Mitglied aus dem Kreis der weiteren Mitglieder der Hochschule vorschlagen können.
11. Der Hochschulleitung soll neben den stimmberechtigten Mitgliedern auch ein Vertreter oder eine Vertreterin der Studierendenvertretung als Mitglied mit beratender Stimme angehören.
12. Wenn die Grundordnung die Wahl weiterer Prodekane oder Prodekaninnen vorsieht, soll ein Prodekan oder eine Prodekanin neben dem Kreis der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen auch aus dem Kreis der Studierendenvertretung gewählt werden können.
13. Der Erweiterten Hochschulleitung soll neben den stimmberechtigten Mitgliedern der Hochschulleitung, den Dekanen und Dekaninnen und der Frauenbeauftragten auch je ein Vertreter oder eine Vertreterin der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, der sonstigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und der Studierenden angehören.
Studentische Mitsprache III – Studentenwerk
14. Die Studierenden, die eine Hochschule in die Vertreterversammlung des Studentenwerks entsendet, sollen von der Studierendenvertretung benannt werden.
15. Die Anzahl der Studierenden, die eine Hochschule in die Vertreterversammlung des Studentenwerks entsendet, soll von zwei auf drei erhöht werden.
16. Die Anzahl der Studierenden, die im Verwaltungsrat des Studentenwerks vertreten sind, soll auf einen paritätischen Anteil erhöht werden.
Hochschulmanagement I – Gremien
17. Im Hochschulgesetz soll festgeschrieben werden, dass der Hochschulrat zusätzlich zur Wahl des Präsidenten oder der Präsidentin auch für den Wahlprozess, d.h. vom Ausschreibungstext über die KandidatInnenselektion bis hin zu den Vorstellungsgesprächen, zuständig ist.
18. Für die Bestellung von nicht hochschulangehörigen Mitgliedern des Hochschulrats soll der oder die Vorsitzende des Senats auf Grundlage von Vorschlägen der Hochschulleitung sowie von Mitgliedern des Senats Vorschläge erstellen, die der Bestätigung durch den Senat bedürfen.
19. Die Grundordnung soll vorsehen können, dass wenn nur ein Vertreter oder eine Vertreterin eine Mitgliedergruppe in einem Gremium vertritt, der Ersatzvertreter oder die Ersatzvertreterin dieser Mitgliedergruppe an den Sitzungen mit beratender Stimme oder als Gast teilnehmen kann.
20. Im Hochschulgesetz soll festgeschrieben werden, dass die Gremien einer Hochschule über die generelle Öffentlichkeit oder Nichtöffentlichkeit ihrer Sitzung eigenständig entscheiden.
Hochschulmanagement II – divers
21. Im Hochschulgesetz soll festgeschrieben werden, dass sich Hochschulen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben an den Grundsätzen einer nachhaltigen Entwicklung orientieren müssen.
22. Im Hochschulgesetz soll eine einheitliche Rechtsgrundlage geschaffen werden, die es den Hochschulen ermöglicht, neben der analogen Papierform auch über ein digitales bzw. ein Online-Verfahren die Gruppenvertreter und ‑vertreterinnen der Hochschulgremien zu wählen.
23. Im Hochschulgesetz soll festgeschrieben werden, dass Drittmittelverträge und anderweitige Forschungs- und Lehrprojekte von Hochschulen mit Förderern aus der Privatwirtschaft in einem einheitlichen, elektronischen Verzeichnis erfasst und zugänglich gemacht werden müssen.
24. Es soll geprüft werden, inwiefern die aktuelle Berechnungsgrundlage zur Verteilung von staatlichen Mitteln an Hochschulen angepasst werden kann, sodass sich der Verteilungsschlüssel nicht an der Anzahl von Studierenden im ersten Hochschulsemester orientiert, sondern an der Anzahl von Studierenden im ersten Fachsemester.
Studium und Lehre
25. Die Regelung in Art. 3 Abs. 4 Satz 2 BayHSchG soll erweitert werden, sodass sichergestellt ist, dass diese die Freiheit des Studiums im Sinn von Satz 1 nicht beeinträchtigt.
26. Es soll geprüft werden, inwiefern die Regelung zum begrenzten Zugang zu Studienrichtungen und Studienschwerpunkten nach Art. 59 Abs. 2 BayHSchG mit der Freiheit des Studiums nach Art. 3 Abs. 4 vereinbar ist, und wie sichergestellt werden kann, dass Studierende innerhalb ihres Studiengangs ihre Studienrichtung und Studienschwerpunkte nach eigener Wahl bestimmen können.
27. Im Hochschulgesetz soll festgeschrieben werden, dass Studierende einer Hochschule unabhängig von dem Typ des Studiengangs nach Art. 56 BayHSchG die gleiche freie Wahl an hochschulweiten Studienangeboten erhalten, insbesondere die freie Wahl von Lehrveranstaltungen.
28. Bei der Bewertung der Lehre nach Art. 10 Abs. 3 BayHSchG soll sichergestellt werden, dass die Durchführung der Befragung sowie die Verarbeitung der gewonnenen Daten nicht durch die Lehrperson der zu bewertenden Lehrveranstaltung selbst erfolgt.
29. Bei der Bewertung der Lehre nach Art. 10 Abs. 3 BayHSchG soll sichergestellt werden, dass die personenbezogenen Daten und wesentlichen Ergebnisse tatsächlich bekannt gegeben bzw. zugänglich gemacht werden. Eine Einschränkung der in Sätze 2 und 3 genannten Personengruppen durch hochschulinterne Satzungen oder Verfahrensregelungen soll ausgeschlossen werden.
Gleichbehandlung
30. Im Hochschulgesetz soll nach Vorbild des österreichischen Universitätsgesetzes ein Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen festgeschrieben werden, der sich aus den Mitgliedergruppen nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 4 BayHSchG zusammensetzt.
31. Im Hochschulgesetz soll neben dem Gleichstellungsauftrag auch ein Antidiskriminierungsauftrag aufgenommen werden, der die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz behandelten Benachteiligungsgründe berücksichtigt.
32. Die Erfüllung des Antidiskriminierungsauftrages soll analog zum Gleichstellungsauftrag regelmäßig bewertet werden. Der Senat soll die Aufgabe erhalten, die Erfüllung des Auftrags zu prüfen. Bei der Zuweisung von staatlichen Mittel soll die Erfüllung des Auftrags berücksichtigt werden.
Stellungnahme
Landes-ASten-Konferenz Bayern
c/o Studierendenvertretung der LMU
Leopoldstraße 15
80802 München