Stellungnahme der Studierenden zu Äußerungen des Wissenschaftsministers im Hochschulausschuss
Vor knapp zwei Wochen kündigten die bayerischen Studierendenvertretungen die AG Mitwirkung mit dem Ministerium und den Hochschulverbünden auf. Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch berichtete am gestrigen Mittwoch im Hochschulausschuss über den Verlauf der AG Mitwirkung. Anstatt sich jedoch auf einen Sachbericht zu beschränken, verlor Heubisch sich in schlicht falschen Behauptungen zum Verhalten der Studierenden in der AG, gab den Verlauf der Gespräche auf eine unannehmbar verkürzte, einseitige Weise wieder, und stellte nicht einmal die irreführenden Einwürfe von Abgeordneten im Hochschulausschuss richtig.
“Die Arbeitsgruppe wurde im Frühjahr 2010 bei einem Semestergespräch zwischen Heubisch und den bayerischen Studierendenvertretungen initiiert. Der Auftrag lautete damals die ergebnisoffene Erörterung und Prüfung von 2 verschiedenen Themen: Zum Einen sollten sich die Gespräche um verbesserte Mitwirkungsmöglichkeiten der Studierenden und zum Anderen um die Einführung einer Verfassten Studierendenschaft in Bayern drehen.” so Christian Zwanziger, studentisches Mitglied der AG und Sprecher der LAK. Heubisch selbst hatte im Sommer 2010 per Pressemitteilung der Einführung einer Verfassten Studierendenschaft nachträglich eine Absage erteilt. Anschließend arbeiteten die Studierenden – obwohl enttäuscht – weiterhin in der AG mit konstruktiven Vorschlägen zur verbesserten Mitwirkung an bayerischen Hochschulen. “Dass Herr Heubisch nun im Ausschuss öffentlich versucht, den Studierenden zu unterstellen, sie seien nur an einer Verfassten Studierendenschaft interessiert gewesen, und hätten andere Verbesserungsmöglichkeiten bewusst abgelehnt, ist schlicht falsch.
Wenn dem so wäre, hätten sich die Studierenden bereits im letzten Sommer aus der AG zurückgezogen.” Zudem widersprach Heubisch der Abgeordneten Bulfon (FDP) nicht, als diese ausführte, in der AG hätte es nie um eine Verfasste Studierendenschaft gehen sollen. “Das ist blanker Hohn! Nicht nur für alle Studierendenvertretungen, sondern auch für die Arbeit aller Mitglieder der AG. Mit was haben wir uns denn in den ersten Sitzungen bis zur Absage durch Heubisch stundenlang beschäftigt?!”
Bei der Darstellung der Inhalte der Verhandlungen blieb Heubisch oberflächlich und stellte die Breite der diskutierten Lösungsversuche nicht dar. “Überraschend ist nicht, dass die Sicht des Ministeriums auf die Inhalte der Beratungen erklärt wurde. Das ist zunächst unproblematisch. Wenn jedoch nicht einmal ansatzweise auf die Vielfalt der Lösungsvorschläge und das breite Spektrum der diskutierten Inhalte eingegangen wird, wird dieser Bericht der Arbeit der AG-Mitglieder nicht gerecht.” so Christian Zwanziger. Heubisch erläuterte die Meinung des Ministeriums zur Hochschulautonomie und die daraus resultierende Weigerung mehr studentische Mitwirkung durch eine Änderung des Gesetzes umzusetzen. In anderen Bereichen verwies er auf haushalterische Restriktionen, die Verbesserungen nicht ermöglichen würden und erklärte seine Ansichten zu einer Verfassten Studierendenschaft. Dies geschah vor allem mit alten, verstaubten Vorurteilen von randalierenden 68ern. Nicht zuletzt würde eine Verfasste Studierendenschaft unvereinbar mit der Bayerischen Verfassung sein – obwohl dieselbe Verfassung keine Unvereinbarkeit mit einer Verfassten Studierendenschaft aufwies, bis diese 1974 abgeschafft wurde. “Was nützt es, wenn die Vorsitzenden der Hochschulverbünde, Studierende und Vertreter des Ministeriums in stundenlangen Sitzungen über sinnvolle Verbesserungen bei der Ausgestaltung von Mitwirkungsmöglichkeiten diskutieren, wenn der Minister als “Ergebnis” schlicht die
Positionen des Ministeriums von vor 1 1/2 Jahren vertritt als hätte es die AG und die gemeinsame Diskussion und Reflexion über diese Themen nicht geben?”
“Am enttäuschendsten war für mich das Bild, das Heubisch von den beteiligten Studierenden im Ausschuss und der Öffentlichkeit gezeichnet hat und zeichnen lies” so Christian Zwanziger. Von Abgeordneten der Regierungsfraktion wurde beispielweise ausgeführt, dass an Hochschulen “wissenschaftliche” Entscheidungen nötig seien und man unter anderem deshalb von weiterer
gesetzlich vorgeschriebenen Stimmrechten für Studierende absehen werde. “Ich kann nicht nachvollziehen, seit wann beispielweise die Entscheidung über die Einrichtung oder Aufhebung eines Studiengangs eine rein wissenschaftliche Frage ist. Außerdem wurde bei dieser Argumentation den Studierenden – und zwar nur den Studierenden – abgesprochen, sachliche Entscheidungen treffen zu können. Das ist sicher ein unfaires und falsches Signal!”. Wissenschaftsminister Heubisch versuchte sich auch durch weitere Aussagen auf Kosten der Studierenden zu verteidigen. Mit Bezugnahme auf eine Dankes-Email der Studierenden an die Vertreterinnen und Vertreter der AG für die investierte Zeit wollte er unterstreichen, dass Studierenden mit seinem “Stil” sehr zufrieden seien. Gleichzeitig klagte und rügte er, die Studierenden hätten den Austritt aus der AG zuerst in der Presse bekanntgeben und ihn selbst erst danach informiert. “Entweder war Minister Heubisch schlecht informiert, oder er hat die Studierenden in der AG willentlich diffamiert, um sich selbst zu schützen. Die Nachricht ging sehr wohl an das Ministerium und die Hochschulverbünde bevor wir die Presse informierten. Genauso gebot doch der Anstand sich bei den Mitgliedern der AG in einem kurzen Schreiben für die investierte Zeit zu bedanken – trotz ausbleibender Ergebnisse. Wie das noch gegen uns verwendet und unhaltbare Behauptungen aufgestellt werden, ist einfach enttäuschend” stellt Christian Zwanziger fest.
Die Landes-ASten-Konferenz (LAK), der Zusammenschluss bayerischer Studierendenvertretungen, tagt etwa einmal im Monat, um sich über hochschulpolitische Themen abzustimmen und vertritt die Interessen und Belange der bayerischen Studierenden, beispielsweise gegenüber dem Wissenschaftsministerium und Hochschulverbänden.
Pressemitteilung
Landes-ASten-Konferenz Bayern
c/o Studierendenvertretung der LMU
Leopoldstraße 15
80802 München