In der am Mittwoch im bayerischen Kabinett vorgestellten Studie zu Studiengebühren (Studie des Bayerischen Staatsinstituts für Hochschulforschung und Hochschulplanung (IHF)) sieht der Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Wolfgang Heubisch, ausschließlich positive Auswirkungen durch die Einführung der Studiengebühren. So mache die Studie deutlich, dass die Erhebung von Studiengebühren keinerlei negative Auswirkung in Bayern habe.
Der Zusammenschluss der bayerischen Studierendenvertretungen, die Landes-ASten-Konferenz (LAK), zieht andere Schlüsse. “Wir sehen diese Studie sehr kritisch, da die Objektivität durch Durchführung der Studie im eigenen Haus, in diesem Fall durch das Bayerische Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung, nicht gewährleistet ist. Wir fürchten, dass die Studie zielorientiert durchgeführt wurde und die Studiengebühren und deren Verwendung und Auswirkungen dadurch nicht vollständig und wirklichkeitsgetreu abgebildet wurden” kritisiert Christian Zwanziger, Sprecher der Landes-ASten-Konferenz, die Studie des IHF.
“Allein das Ansteigen der absoluten Zahl der Studierenden in Bayern kann keineswegs als Erklärung für die Sozialverträglichkeit der Studiengebühren dienen. Im Gegenteil: Die Studie des IHF zeigt, dass deutlich mehr als achtzig Prozent der bayerischen Studierenden auf die finanzielle Unterstützung ihrer Eltern zur Finanzierung ihres Studiums angewiesen sind. Bei der Bewältigung der finanziellen Belastung durch die Gebühren sind Studierende sind es immerhin noch zwei Drittel. Dies stellt gerade für sozial schwächer gestellte Familien eine hohe Zusatzbelastung dar.” führt LAK-Sprecherin Hannah Klein aus.
Neben der sozialen Unverträglichkeit der Gebühren werden diese vielfach nicht zweckmäßig verwendet. Aus Studiengebühren werden vielerorts Personalstellen finanziert, die nicht nur zur Verbesserung, sondern auch zur Aufrechterhaltung des Lehrbetriebs dienen. Den Umstand, dass Studiengebühren die Defizite, die durch den Rückzug des Staates aus der Grundfinanzierung der Hochschulen resultieren, ausgleichen müssen, als “Verbesserung der Studienbedingungen” zu interpretieren ist nicht hinnehmbar.
In Verbindung mit den Zielvereinbarungen des Innovationsbündnisses zwischen Hochschulen und Ministerium bedeutet dies nicht nur, Studiengebühren zur Grundfinanzierung einzusetzen, sondern auch für den Ausbau der Hochschulen. Hierbei sind besonders die fehlenden Studienplätze aufgrund der Mehrbelastung durch den doppelten Abiturjahrgang sowie der Aussetzung der Wehrpflicht zu nennen. Die im Koalitionsvertrag versprochenen Gelder für den Ausbau von 10.000 zusätzlichen Studienplätzen für den doppelten Abiturjahrgang müssen von der bayerischen Landesregierung bereit gestellt werden (mehr Informationen unter www.doppeljahrgang2011.de). Eine Finanzierung solcher Stellen aus Studiengebühren würde eine Aufrechterhaltung des Status Quo und keine Verbesserung der Studienbedingungen bedeuten.
Neben der Verwendung für die Grundfinanzierung der staatlichen Hochschulen zeigt die inzwischen relativ lange Geschichte der “Studiengebührensünden”, dass diese nicht immer zweckmäßig der Verbesserung der Studienbedingungen dienen.
“Nichtsdestotrotz ist der Freistaat Bayern eines der letzten Länder, das an Studiengebühren festhält. Dass die Studierendenzahlen trotzdem noch steigen zeigt keinesfalls, dass Studiengebühren nicht sozial selektiv sind, sondern verdeutlicht vielmehr, dass momentan noch geburtenstarke Jahrgänge an die Hochschulen strömen.” so Hannah Klein. Christian Zwanziger ergänzt: “Die Zuwanderung von Studienanfängern aus anderen Bundesländern ist ebenfalls ziemlich hoch. So stellte auch das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) über die Wanderungssaldos von Studienanfängern in Bundesländern mit Gebühren im Vergleich zu Ländern ohne Gebühren fest: “Der Abstand beider Gruppen hat sich durch die Trendumkehr jedoch fast vollständig geschlossen.” Das IWH erklärt die trotz Gebühren steigenden Studienanfängerzahlen unter anderem wie folgt: “Die Entwicklung des Anteils der Studienanfänger aus benachbarten Bundesländern an allen Studienanfängern in Bayern legt die Vermutung nahe, dass der Freistaat besonders von einem Anstieg der Zuwanderung aus Baden-Württemberg profitiert hat, wo ebenfalls Studiengebühren eingeführt wurden.” (IWH, Wirtschaft im Wandel, 2009, S. 452–455)
Die Landes-ASten-Konferenz Bayern ist gegen Studiengebühren und fordert deren Abschaffung. Der Trend in den meisten anderen Bundesländern mit vergleichbaren Gebühren ist nicht von der Hand zu weisen. “Nicht zuletzt Minister Heubisch selbst erkannte dies und forderte im viel zitierten Brief zur zeitnahen Verwendung der Studiengebühren die bayerischen Hochschulen auf, Überschüsse zu verwenden um sich nicht rechtfertigen zu müssen. Die Studie des IHF passt da ins Bild. Wieder einmal werden Tatsachen präsentiert, die zum politischen Kurs der schwarz-gelben Landesregierung passen und diesen bestätigen sollen.” stellt Hannah Klein fest.
Die Landes-ASten-Konferenz (LAK), der Zusammenschluss bayerischer Studierendenvertretungen, tagt etwa einmal im Monat, um sich über hochschulpolitische Themen abzustimmen und vertritt die Interessen und Belange der bayerischen Studierenden, beispielsweise gegenüber dem Wissenschaftsministerium und Hochschulverbänden.
Pressemitteilung
Landes-ASten-Konferenz Bayern
c/o Studierendenvertretung der LMU
Leopoldstraße 15
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