Sehr geehrter Herr Staatsminister,
im vergangenen Winter wurden in Bayern und ganz Deutschland Hörsäle besetzt. Die Studierenden protestierten für bessere Lehr- und Lernbedingungen, für eine Abschaffung der Studiengebühren und für mehr Mitsprache. Als Reaktion auf die Proteste haben Sie Nachbesserungen bei Bologna angepackt und zugesagt, die Stärkung der studentischen Mitsprache und die verfasste Studierendenschaft prüfen zu wollen. Gerade dieser Mut auch Themen anzupacken bei denen die Fronten seit mehr als 36 Jahren verhärtet sind, hat uns Hoffnung gemacht, dass es uns gemeinsam gelingen kann, alte Gräben zu überwinden.
Seit Februar treffen sich nun Ministerium, Studierende und Hochschulen in einer Arbeitsgruppe, um ergebnisoffen Lösungsmöglichkeiten für die studentische Mitsprache und die verfasste Studierendenschaft zu erarbeiten. Die Gruppe arbeitet trotz zum Teil erheblicher Meinungsunterschiede konstruktiv, doch sie hat eines ihrer selbstgesteckten Ziele verfehlt. Um ein Verschleppen der Themen zu verhindern hatten wir vereinbart, dass die Arbeitsgruppe bis zur Mitte des Sommersemesters Ergebnisse präsentieren soll. Doch auch im Verlauf der vergangenen Sitzung am 28. Mai konnte kein Durchbruch erzielt werden.
Das liegt insbesondere daran, dass nach wie vor Unklarheit bei dem Thema verfasste Studierendenschaft herrscht. Egal welche Zugeständnisse wir machen und wie weitreichend unsere Kompromissvorschläge auch sind, unseren Versuchen eine Lösung zu finden, wird stets mit Ablehnung begegnet. Nach vier Monaten hat es zu dem Thema noch immer keinen Kompromissvorschlag des Ministeriums gegeben. Unsere Fragen, ob denn eine Lösung zu dem Thema überhaupt noch möglich ist, werden stets ausweichend beantwortet.
Der Stillstand bei den Verhandlungen über die verfasste Studierendenschaft erfüllt uns mit Sorge. Die Studierenden haben hohe Erwartungen in die Arbeitsgruppe gesetzt und eine ehrliche Prüfung der verfassten Studierendenschaft und der erweiterten Mitbestimmung erhofft. Sie erwarten zurecht, dass die Gespräche zu greifbaren Ergebnissen führen. Vor allem pochen sie darauf, dass wir nun, wie versprochen, vor der Neuauflage der Proteste am 9. Juni Ergebnisse präsentieren.
Zugleich ist die Ungewissheit bei den Themen auch für die Arbeitsgruppe eine Belastung. Wir brauchen verlässliche Aussagen, damit wir gemeinsam vorwärts kommen.
Sehr geehrter Herr Staatsminister,
vor diesem Hintergrund bitten wir Sie, für die Studierenden, aber auch für die Mitglieder der Arbeitsgruppe, Klarheit zu schaffen.
- Ist die Einführung einer verfassten Studierendenschaft in Bayern ausgeschlossen?
- Wenn dies nicht der Fall ist, wird auch von Seiten des Ministeriums in der Arbeitsgruppe zu diesem Thema ein Modell vorgeschlagen?
- Wird die Stimme der Studierenden in den Gremien der Hochschulen, wie zum Beispiel aber nicht nur Senat oder Hochschulrat eine Stärkung erfahren können? (Nur eine von 16 Stimmen im Hochschulrat entfällt auf die größte Gruppe der Hochschule, die Studierenden.)
Wir verbleiben in der Hoffnung, dass wir bei diesem schwierigen Thema zu einer gemeinsamen Lösung finden
Hochachtungsvoll
Barbara Kern, Malte Pennekamp, Christian Zwanziger
(Studentische Mitglieder der Arbeitsgruppe Mitwirkung)
Offener Brief
Landes-ASten-Konferenz Bayern
c/o Studierendenvertretung der LMU
Leopoldstraße 15
80802 München